Das mit mehr als 40 Hektar geplante Großgewerbegebiet zwischen Upahl und Grevesmühlen ist eines der größten Wirtschaftsprojekte, das in der Region umgesetzt werden soll. Derzeit werden die einzelnen Verträge mit den Investoren ausgehandelt. In den nächsten Wochen sollen sie unterzeichnet werden sobald die Grundstücksfragen geklärt sind. Neben Amazon, der Konzern plant eine sechs Hektar – das entspricht etwa sechs Fußballfeldern – große Logistikhalle, insgesamt 18 Hektar wird allein der Versandriese für geschätzte 27 Euro pro Quadratmeter kaufen. Dazu ist ein zweites Logistikzentrum geplant, eine Tank- und Raststätte mit einem McDonald’s sowie ein Hersteller von Fertighäusern. Sollten alle Unternehmen ihre Ankündigungen umsetzen, wäre die Fläche fast vollständig verkauft. Mehr als 1500 Arbeitsplätze sollen damit dort geschaffen werden. Martin Kopp, Geschäftsführer der Wirtschaftsfördergesellschaft des Landkreises, äußert sich zum ersten Mal zu dem Vorhaben, das die WFG allerdings bereits seit etlichen Monaten begleitet.
OZ: Die Kommunalpolitiker in Upahl und Grevesmühlen haben mit ihren Beschlüssen grünes Licht für den Großgewerbestandort gegeben. Trotzdem liegt immer noch der Schleier der Geheimhaltung über den Namen der Investoren. Bleibt das so?
Martin Kopp: Ja, denn die Vertragsverhandlungen laufen noch.
OZ: Diese Geheimhaltungsklauseln in den Verträgen sorgen in der Öffentlichkeit für Kritik. Ist das üblich, so etwas in die Verträge aufzunehmen?
Kopp: Das ist in den vergangenen Jahren eher die Regel als die Ausnahme geworden. Selbst bei kleinen Investitionen wird immer wieder um Geheimhaltung gebeten.
OZ: Ist das nachvollziehbar aus Ihrer Sicht?
Kopp: Ich würde mir häufiger wünschen, dass mehr in der Öffentlichkeit kommuniziert wird. Aus dem einfachen Grund, weil man damit Ängste und Vorurteile ausräumen kann.
OZ: Es ist inzwischen ein offenen Geheimnis, wer sich zwischen Upahl und Grevesmühlen ansiedeln will. Insgesamt 1500 neue Arbeitsplätze sollen entstehen. Das ist eine gewaltige Zahl für eine strukturschwache Region wie Nordwestmecklenburg, oder?
Kopp: Ich sehe das als realistisch an. Wenn wir uns das vorhandene Gewerbegebiet an der Silberkuhle in Upahl anschauen, dort sind wir schon bei 1000 Arbeitsplätzen. Die Nachfrage nach Gewerbeflächen dort ist schon gut, sie ist noch einmal gestiegen mit der Planung für den neuen Standort. Arbeitsplätze im ländlichen Raum zu schaffen und auch zu besetzen halte ich für umsetzbar.
OZ: Das Gewerbegebiet in Upahl war das eines der ersten in Mecklenburg nach der Wende, das ist über Jahrzehnte gewachsen. Jetzt soll alles in zwei, drei Jahren passieren. Woher sollen die Arbeitskräfte kommen?
Kopp: Der Markt gibt das theoretisch her. Wenn man sich die Arbeitsmarktzahlen anschaut, dann könnte man den Bedarf Stand heute decken. Einzelne Investoren haben bereits gesagt, dass rund 8o Prozent der Arbeitskräfte aus der Region kommen werden. Das können Leute sein, die im Moment arbeitslos sind, aber natürlich auch Leute, die derzeit noch woanders beschäftigt sind.
OZ: Die Angst der hiesigen Wirtschaft ist, dass genau dieser Kampf um die Arbeitskräfte zu einem ungleichen Wettbewerb führen wird. Nachvollziehbar?
Kopp: Wir werden immer weniger Arbeitskräfte haben, das ist das, was wir seit Jahren verzeichnen. Aber wir sind eine Wachstumsregion, es werden noch mehr Ansiedlungen kommen, weil wir eine gute Infrastruktur und gute Flächenpreise haben. Da schlagen zwei Herzen in meiner Brust, natürlich werden einige Unternehmen Probleme bekommen, was das Thema Arbeitskräfte anbelangt. Auf der anderen Seite will man als Wirtschaftsförderer ja genau das, was im Moment passiert – neue Firmen hierher holen. Und das hat Wettbewerb zur Folge. Und der wiederum führt dazu, dass bessere Löhne gezahlt werden.
OZ: Die Leerstandsrate bei den Wohnungsgesellschaften liegt zwischen einem und zwei Prozent. Wo sollen die Arbeitskräfte, die dann hierher kommen, überhaupt wohnen?
Kopp: Das stimmt. Und genau deshalb haben wir ein Projekt angeschoben im Rahmen eines Bundesförderprogramm, das sich mit diesem Problem beschäftigt. Mit rund 600 000 Euro wollen wir in den Grundzentren, das sind zum Beispiel Klütz, Rehna, Schönberg und auch die Gemeinde Upahl, Mietwohnungsbau entwickeln. Wohnungen müssen bezahlbar sein, denn natürlich kann nicht jeder ein Eigenheim bauen, und nachhaltig. Ziel ist es, Quartiere zu entwickeln. Auch in der Gemeinde Upahl, die eine Sonderstellung hat, übrigens. Dazu kommt, dass die Stadt Grevesmühlen als Mittelzentrum ebenfalls neuen Wohnraum in erheblichen Größenordnungen plant.
OZ: Wie soll das konkret ablaufen?
Kopp: Indem wir anders denken und handeln in Sachen Wohnungsbau. Angedacht ist, dass wir mithilfe der Fördermittel einen Architektenwettbewerb ausschreiben, der genau auf diese Mietwohnungen abzielt. Danach sehen wir, wer diese Standards dann auch umsetzt. Ich gehe nach jetzigem Stand davon aus, dass es vor allem die Wohnungsbaugesellschaften sein werden, die vor Ort so etwas umsetzen.
OZ: Aus einigen Teilen des Handels und der Bevölkerung gibt es nach wir vor heftige Kritik an den Plänen zum Großgewerbestandort, sowohl was die Größe als auch den Einfluss auf die Region anbetrifft. Haben Sie Verständnis für diese Kritik?
Kopp: Ich glaube, das ist zu kurz gedacht. Ich kann diesen Pessimismus teilweise verstehen. Aber die Vorhaben, die wir in den vergangenen Jahren begleitet und betreut haben, waren alle erfolgreich. Die Glücksritter aus den ersten Jahren nach der Wende, die Investitionsruinen hinterlassen haben, die haben kaum noch eine Chancen. Im vergangenen Jahr zum Beispiel haben wir zwei Kaufverträge platzen lassen, weil wir kein gutes Gefühl bei den Investoren hatten.
OZ: Das Gewerbegebiet Silberkuhle erweckt den Anschein, dass dort noch jede Menge freie Flächen vorhanden seien. Was ist mit den Grünflächen, die dort noch zu sehen sind?
Kopp: Das täuscht gewaltig. Wenn alles klappt werden wir in diesem Jahr die Hälfte der noch verfügbaren Flächen verkaufen. Unter anderem hat ein großer Lebensmittelhersteller Bedarf angemeldet.