Vanessa Kersting gewann mit ihrem Online-Hofladen den „Neustarterpreis“ beim OZ-Existenzgründerpreis 2021, der am gestrigen Abend bereits zum 19. Mal von der Ostsee-Zeitung vergeben wurde.

Was im März 2021 mit der Lieferung von RegioTüten startete, entwickelte sich im August 2021 zu einem RegioLaden in der Lübschen Str. 57 in Wismar. Dabei steht die Idee der Regionalität hinter dem Konzept von MV Liebe: das Produktsortiment soll die Vielfalt von regionalen Produkten in Mecklenburg Vorpommern wiederspiegeln und dem Endverbraucher nahe bringen.
Zudem arbeitet das Team von MVLiebe an einem Zero Waste Konzept und an einer E-Flotte, damit eine CO2-neutrale Lieferung der Produkte gewährleistet werden kann.

Wir gratulieren dem Hofladen MV Liebe zum Erfolg des Gewinns und zu einem Preisgeld von 2.500 Euro!

Das Preisgeld stiftet ein Zusammenschluss der Wirtschaftsförderer aus Rostock, dem Landkreis Rostock, Vorpommern-Rügen, Nordwest-Mecklenburg und der Seenplatte.

Wirtschaftsförderungsgesellschaft als Anlaufstelle in Grevesmühlens Mitte

Grevesmühlen „Es soll wieder ein Zentum der Begegnung und des Austauschs werden, so, wie es das Alte Rathaus viele Jahre lang war“, so Grevesmühlens Bürgermeister Lars Prahler bei der offiziellen Eiweihungsfeier am 25. November im traditionsreichen Gebäude in der August-Bebel-Straße 1, direkt am Marktplatz. Nachdem in der Vergangenheit verschiedene Gastronomie-Betreiber hier ansässig waren, ist nun die Wirtschaftsförderungsgesellschaft Nordwestmecklenburg mbH (WFG) als Hauptmieter der sich im Besitz der Stadt befindlichen Immobilie unter dieser Adresse zu finden. Sie hat ihr Domizil im ersten Stock des Hauses und damit ihren Hauptsitz von der Malzfabrik hierher verlegt. „Der neue Standort ist notwendig geworden, da die Gesellschaft stetig gewachsen ist. Derzeit beschäftigen wir neun Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter“, begründet Geschäftsführer Martin Kopp diesen Schritt. In Grevesmühlen sitzen die Teams aus den Bereichen Bestandspflege, Kommunalberatung und Gewerbeflächenvermarktung sowie die Unternehmenssteuerung, in Wismar bleibt der Standort des Welcome Service Center (WSC) bestehen.

Mit diesem zentralen Standort will die WFG Anlaufstelle für ein breites Publikum sein: Arbeitgeber, Fachkräfte auf Jobsuche, Investoren oder Start-ups – alle finden hier die richtigen Ansprechpartner, wenn es im weitesten Sinne um wirtschaftliche Themen im Landkreis geht. „Wir werden in den kommenden Jahren sicherlich die WFG noch weiter entwickeln und breiter aufstellen, denn ihre bisherige Erfolgsentwicklung in den zurückliegenden Jahren seit ihrer Neugründung zeigt, wie wichtig eine gut entwickelte und funktionierende Wirtschaftsförderung für den Kreis ist“, verkündet Landrat Tino Schomann auf der Veranstaltung.

Doch das Gebäude ist mit dem Einzug der WFG nicht ausgelastet. Deshalb ist ins Dachgeschoss ein Start-up-Unternehmen eingezogen: Die Firma heißt „NovoCarbo“ und ist eine von der WFG geförderte Neuansiedlung mit derzeit zehn Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern. Ab dem Frühsommer kommenden Jahres soll im Erdgeschoss, wo sich aktuell eine für die Öffentlichkeit frei zugängliche Kunstausstellung befindet, wieder ein Gastronomiebetrieb angesiedelt werden – Gespräche mit einem potentiellen Betreiber sind bereits im Gange. „Es sollen dort aber nicht nur Kaffee oder andere Speisen und Getränke angeboten werden. Wir möchten das gern verbunden sehen mit einer Coworking-Area, wie es im Neudeutschen heißt. Es soll also für Freiberufler, Solo-Selbstständige oder anderweitig mobil Beschäftigte die Möglichkeit geben, zum Beispiel dem Homeoffice zu entfliehen und hier in entsprechenden Räumlichkeiten bei einer Tasse Kaffee oder einem Snack seiner Arbeit nachzugehen“, erklärt Bürgermeister Prahler. In seinen Augen eine sinnvolle Ergänzung des WFG-Sitzes. Perspektivisch sollen darüber hinaus im Kellergeschoss auch noch Veranstaltungsräume entstehen.

 

Das Leben in die eigenen Hände zu nehmen, es nach den gegebenen Möglichkeiten zu gestalten, ist sowohl für Wael Al Shaar als auch für seine Ehefrau Maysaa Rahban seit jeher selbstverständlich – wenngleich immer nicht leicht und von Rückschlägen begleitet. Dass die beiden jemals in Deutschland einen Laden, ein eigenes Geschäft betreiben würden, damit haben sie nie gerechnet. „Wir sind sehr dankbar für die Chance, die wir hier bekommen.“ Angeboten werden die typischen arabischen Leckereien, Baklava, getrocknetes Obst, Nüsse, Kaffee und Gewürze. Aber auch auf spezielle Art frisch zubereitetes Eis und jeder Besucher wird eingeladen zu einem Tässchen echten arabischen Kaffee mit Kardamom und anderen Gewürzen. Dazu ein Tellerchen mit Nüssen gefüllten, getrockneten Datteln und Feigen zum Probieren – arabische Gastfreundlichkeit eben. Hinzu gesellt sich die typische syrische Herzlichkeit. „Es ist der Versuch, eine kulturelle Brücke zwischen dem Westen und dem Osten zu schlagen und ein altes Erbe zu beleuchten, welches über hunderte von Jahren hinausgeht und bis heute lebendig ist. Wir haben ihnen das gebracht, was einfach die Schönheit unseres Erbes ausdrückt und Kultur, die viele Aspekte des Handwerks und den Geruch von Kaffee umfasst. Und den ursprünglichen Geschmack von Süßigkeiten, die für ihre Herstellung durch syrische Familien berühmt sind und Generation für Generation weitergegeben wurden“, erklärt Maysaa Rahban.

 

Wael Al Shaar und Maysaa Rahban sind beide in Damaskus geboren – er Mitte Juli 1981, sie Ende August 1971. Maysaa Rahbans Vorfahren stammen jedoch von den Golanhöhen. Kennengelernt haben sie sich in Jordanien, von wo aus beide im Herbst 2015 nach Deutschland fliehen, allerdings getrennt voneinander. Das „Liebreiz“ eröffnen sie im September 2020, obwohl sie die Räumlichkeiten bereits im Februar mieten, dank Corona-Lockdown – er ist offiziell der Inhaber. Doch im Grunde genommen ist es ihr gemeinsamer Laden, bei dem auch noch die gesamte Familie mithilft, zu der ebenso die drei Kinder von Wael Al Shaar gehören. „Wir wollen das gesunde, schöne, syrische Leben nach Wismar bringen. Eigentlich sollte es ja ein Restaurant werden, aber die deutsche Bürokratie war für uns bisher eine Nummer zu groß.“

 

Wael Al Shaar kommt aus der Branche. Obwohl er keine Ausbildung im Gastronomiebereich hat, kocht er hervorragend. Nach seinem Abitur arbeitet er zunächst einige Jahre in Saudi Arabien, dann kommt er zurück nach Damaskus. 2010 eröffnet der Unternehmer in Südsyrien drei Textilläden im Einzel- und im Großhandel. Als ihm aufgrund der politischen Unruhen Gefängnis droht, sein komplettes Eigentum konfisziert wird, flieht Wael Al Shaar 2012 nach Jordanien. Dort lebt bereits sein Bruder, arbeitet als Sänger. Gemeinsam gründen sie dort 2014 ein Restaurant. Doch auch Jordanien ist kein gutes Pflaster für Syrer und so bleibt ihm nur die Flucht.

 

Nachdem Wael Al Shaar und Maysaa Rahban über verschiedene Stationen, angefangen vom Flüchtlingsauffanglager Horst bei Sternberg, dann Warin, in Wismar gelandet sind, gilt es zunächst einmal, Deutsch zu lernen. Wael Al Shaar macht das über Kurse der B+B Förderschule. Auch Maysaa Rahban macht das zuerst so, muss dann aber abbrechen, weil ihr an Autismus und Epilepsie leidender 21-jähriger Sohn ihre Unterstützung und Hilfe braucht. Er und sein 24-jähriger Bruder, die beide aus einer früheren Ehe stammen, kommen erst später nach Deutschland. Also lernt sie die Deutsche Sprache von da an im Selbststudium. Für sie kein allzu großes Problem, spricht sie doch bereits mehrere Sprachen: Nach der Schulausbildung studiert Maysaa Rahban Englische Literatur, arbeitet zeitgleich als Flugbegleiterin und gründet eine Veranstaltungsfirma. Hierfür ist sie weltweit unterwegs, lebt zeitweise auch in diversen Ländern. Ein jähes Ende bereitet dem dann ihr jüngster Sohn. Seine Handikaps sorgen dafür, dass sich seine Mutter mit alternativer Medizin,  Psychologie und Wissenschaft befasst.

In Vorbereitung des Geschäfts in Wismar besuchten beide einen Existenzgründer-Kurs und machten bei der IHK in Rostock den Befähigungsnachweis in Lebensmittelhygiene. Daneben engagiert sich Maysaa Rahban für ihre Landsleute, die mit ihr jetzt in Wismar und Umgebung leben, bringt Deutsche und Syrer zusammen, hilft bei sozial-psychologischen Problemen. „Mein Ziel ist es, ein alternatives Behandlungszentrum zu betreiben.“ Das Projekt befindet sich bereits im Aufbau und trägt den Namen „Magische Perle“. Und auch Wael Al Shaar hat seinen Traum: „Ich möchte auf jeden Fall noch mal mein syrisches Restaurant aufmachen, dann bin ich am Ziel.“

 

In der harten Zeit des Lockdowns im Zusammenhang mit der weltweiten Corona-Pandemie ist es besonders schwer, das Café Liebreiz am Leben zu erhalten. Es ist in erster Linie der aufopferungsvollen und zeitintensiven Arbeit von Wael Al Shaar zu verdanken, dass das Geschäft überhaupt existieren kann. Doch mit ihm sind er und Maysaa Rahban jetzt hoffentlich im Leben angekommen, möchten hier nie wieder weg. „Heimat ist da, wo das Herz ist – der Kaffeeladen hat unsere Heimat nach Wismar geholt und Wismar zur Heimat gemacht.“

Text: Peter Täufel

Kaffeehaus „Liebreiz“ – Orientalische Geschenkideen

Arabica Kaffee & Co
Wael Al Shaar
Maysaa Rahban
Lübsche Straße 22
23966 Wismar

Mobil: 0176 – 43838410
E-Mail: orientalische.liebreiz@gmail.com
Internet: www. liebreiz-grocery-store.business.site

 

Die Wirtschaftsförderungsgesellschaft Nordwestmecklenburg mbH (WFG) ist eine Gesellschaft des Landkreises Nordwestmecklenburg. Sie wurde zu Beginn der 1990-er Jahre gegründet. Ihre Kernaufgaben sind die Ansiedlung von Firmen, das Standortmarketing, die Bestandspflege sowie die Entwicklung und Umsetzung von Projekten zur Fachkräftebindung und -gewinnung. Der Landkreis ist einhundertprozentiger Gesellschafter der GmbH und wirkt direkt auf die Unternehmensziele und Arbeitsbereiche ein. Die WFG ist direkt dem Landrat unterstellt. Grund genug, den neuen Landrat, Tino Schomann zu seinen Zielen bezüglich der WFG zu befragen.

Herr Landrat Schomann, Sie sind nun seit mehr als 100 Tagen im Amt, was ist Ihnen in den ersten Wochen im Hinblick auf die Wirtschaft im Landkreis und den Standort Nordwestmecklenburg besonders aufgefallen?

„Wir in Nordwestmecklenburg sind in einer ‚Premium Lage‘, würde ein gelernter Verkäufer sagen: Auf der einen Seite gehören wir zur Metropolregion Hamburg, auf der anderen Seite ist man schnell in Rostock. Mit der A14 und der A20 haben wir zwei leistungsfähige Verkehrsachsen, die uns in ganz Deutschland und bis in das Ausland hinein an die unterschiedlichen Metropolregionen anbinden. Aber auch der Seeweg und damit der Zugang zum internationalen Markt ist mit dem Seehafen Wismar, den Häfen in Hamburg und Rostock sehr nahe. Infrastruktur ist aber immer ein Thema, bei dem ‚mehr geht‘.
Auch im digitalen Bereich, in dem wir leider gerade Verzögerungen, zum Beispiel beim Breitband-Ausbau, erleben. Die Wirtschaft hier vor Ort ist stark und breit aufgestellt. Von der Landwirtschaft über die Industrie bis hin zu den vielen kleineren und größeren Innovationsmotoren sowie Dienstleistungs- und Handwerksbetrieben. Dazu kommt noch die landschaftlich und touristisch schöne Lage, mit der wir ebenfalls für uns werben können.“

Wie nehmen Sie die Wirtschaftsförderungsgesellschaft des Landkreises derzeit wahr und was gefällt Ihnen dabei gut, was weniger gut?

„Die Wirtschaftsfördergesellschaft ist nach ihrer ‚Wiederbelebung‘ in den letzten Jahren mit viel Ideenreichtum an ihre Aufgaben herangegangen. Ich glaube, mit Geschäftsführer Martin Kopp, seinem Team und dem ehrenamtlichen Aufsichtsrat haben wir eine leistungsfähige Gesellschaft, die für Investoren und etablierte Unternehmen sowie Kommunen vor Ort gleichermaßen ein hilfreicher Partner ist. Wir müssen aber mittelfristig eine Strategie entwickeln, wie wir die WFG in Zukunft noch breiter, effektiver und nachhaltiger aufbauen.“

Häufig wird der Nutzen dieser Gesellschaft innerhalb der Kommunalpolitik hinterfragt. Was antworten Sie den Kritikern, warum ist der Zuschuss für die Gesellschaft gut angelegtes Geld?

„Erstens: Wirtschaftliche Entwicklung ist niemals ein Selbstläufer: Nordwestmecklenburg bietet zwar gute Voraussetzungen, aber das muss auch kommuniziert und stetig weiterentwickelt werden. Unternehmen vor Ort, neue Investoren und auch die Kommunen brauchen einen kompetenten Ansprechpartner, der speziell für sie da ist. Gewerbeflächen müssen vermarktet und der Standort NWM beworben werden. Davon profitiert die gesamte Region.
Zweitens: Wenn wir Unternehmen die Ansiedlung und die Weiterentwicklung im Landkreis möglichst einfach machen, ist das ein Standortfaktor und am Ende profitieren wir alle davon – die Gemeinden, die Unternehmen, der Landkreis und am Ende die Bürgerinnen und Bürger, die so attraktive und gut bezahlte Arbeitsplätze finden. Und drittens ist ein weiterer wichtiger Aspekt die Werbung um Fachkräfte für unsere Region. Auch hier leistet die WFG mit ihren Bemühungen auf vielen Wegen einen guten Beitrag. Der Rückkehrertag und die vom Welcome Service Center organisierten Aktivitäten sind dafür nur zwei Beispiele.“

Im Wahlkampf hatten Sie angekündigt, die Wirtschaftsförderungsgesellschaft stärken und ausbauen zu wollen, was bedeutet das konkret?

„Wie im vorherigen Punkt bereits kurz angedeutet müssen wir eine Strategie der Zukunft entwickeln. Laut Gesellschaftszweck ist die WFG hauptsächlich dafür da, die restlichen bestehenden Gewerbe- und Industrieflächen der Gesellschaft beziehungsweise des Landkreises zu entwickeln. Sollten diese begrenzten Flächen jedoch alle verkauft sein, fällt eine wesentliche Grundlage der Arbeit weg. Daher müssen wir auch die Bestandspflege der Wirtschaft, die Entwicklung der Region gemeinsam mit den Kommunen in den Fokus nehmen. Dazu gibt es einige Ideen, die wir aktuell mit der Gesellschaft besprechen und zu einem späteren Zeitpunkt auch mit der Öffentlichkeit sowie der Politik diskutieren. Die WFG sehe ich als Dienstleister für viele Akteure im Landkreis und dazu gehören auch die Kommunen, die aktuell vielleicht noch zögerlich sind, die Angebote in Anspruch zu nehmen oder allein versuchen, zum Beispiel Grundstücke zu veräußern.“

Wo möchten Sie mit der Gesellschaft am Ende Ihrer Amtszeit stehen?

„Am Ende meiner ersten Amtszeit möchte ich eine Wirtschaftsförderungsgesellschaft, die auf einem soliden Fundament steht und unabhängig vom Bestand der aktuell zu vermarkteten Restflächen leben kann. Dabei sollte der Zuschuss des Gesellschafters nicht weiter steigen, als in der jetzt bestehenden Finanzplanung vorgesehen. Die Angebote der WFG sollen für möglichst viele Akteure und Nutzer offen stehen. Der Fokus soll auf der Entwicklung der gesamten Region liegen und als eine Art Agentur fungieren.“

Auf die Frage von Kunden und Bekannten, ob sie sich mit diesem Laden, den sie im Oktober 2019 eröffnet hat, einen Lebenstraum erfüllt habe, antwortet Simone Jürß ganz klar und bestimmt: „Nein, überhaupt nicht. Ich habe nur den Leerstand beseitigen wollen.“
Hintergrund dafür: Ein Teil dieses Hauses, welches ihr Elternhaus ist und vom Urgroßvater 1923 gebaut wird, steht über viele Jahre ungenutzt da, nachdem Vater und Mutter gestorben sind.

„Anfangs war es okay, auch um einen zeitlichen und emotionalen Abstand zu bekommen. Aber irgendwann war es einfach nur schade, dass es leer stand. Aber es gab natürlich sehr, sehr viel Reparaturstau.“ Es kommen Leute auf Simone Jürß zu, die fragen, ob sie dort nicht zur Miete wohnen könnten. „Das konnte ich mir nicht vorstellen. Genauso wenig wie den Vorschlag meiner Tante aus Berlin, hier Ferienwohnungen auszubauen.“
Sie fragt sich, was sie nebenbei leisten können würde, solange sie noch berufstätig ist – und: Was passt auch hierher? Nach dem Ausschlussprinzip kommt Simone Jürß auf die Idee mit einem Laden. „Aber nicht so eine Art Dorfkonsum, das würde hier nicht funktionieren, sondern irgendwas, das so breit aufgefächert ist, dass letztendlich jeder etwas findet – die Leute aus dem Dorf, die vielen Touristen, die hier vorbeifahren, die vielen Radfahrer, die wir hier sehen.“

Einen Laden, der für alle attraktiv ist. Aus der eigenen Kreativität, den Überlegungen über Inhalt, Sortiment und vor allen Dingen: wie soll das Kind überhaupt heißen, entwickelt sich Konzept und Name – Genialwarenladen. „Ich hatte einen Großonkel in Bad Doberan, der hatte einen Kolonialwarenladen – das ist zwar schon hundert Jahre her, aber ‚Genialwarenladen‘ fand ich irgendwie gut und habe mich da angelehnt.“
Der Name Genialwarenladen ist dann auch schon da, bevor Simone Jürß sich über den genauen Inhalt im Klaren ist. „So lange blieb dieser Name auch noch geheim, den sollte keiner wissen.“ Die Geschäftsgründerin überlegt sich, dass sowohl etwas zum Essen, als auch was Schönes zum Anschauen, vielleicht noch etwas Kunst im Sortiment sein soll – das ist die Idee. Sie ordnet das entsprechend der räumlichen Gegebenheiten. „So habe ich im hinteren Raum, welcher früher mal die ‚Gute Stube‘ war, die Galerie eingerichtet.

In der Alltagsstube befinden sich Handwerksarbeiten wie Keramik, Sachen aus Filz, ein bisschen Schmuck, auch einige Antiquitäten und einige wenige Bücher. Und in dem Raum, der ehemals die Küche war, habe ich alles, was man verzehren kann.“
Die Waren sind so zusammengesetzt, dass ein Großteil aus Behindertenwerkstätten kommt. „Das hat den Hintergrund, dass ich eine behinderte Tochter habe und deshalb das Sortiment der Behindertenwerkstätten sehr gut kenne und auch weiß, was die alles herstellen, was viele Leute gar nicht wissen.“

Dazu gehören Keramiken aus den Dreescher Werkstätten, die eine große Töpferei besitzen und dort auch Auftragsarbeiten machen, sowie ein großes Seifensortiment, fest und flüssig sowie auf ökologischer Basis zertifiziert, ebenfalls von dort.
Weiterhin ein großes Angebot an Kerzen aus den Marli-Werkstätten in Lübeck und Arbeiten aus Filz und Holz von der Kreativgruppe aus dem Arche-Hof Kneese – von dort kommen auch die Fleisch- und Wurstwaren.
Aus den Hagenower Werkstätten kommen die Kaffeesorten, die Schokoladen stammen aus deren angegliederten Café in Boizenburg mit Chocolaterie. „So haben wir angefangen. Und dann kam ein junger Mann aus Kasendorf, der sagte, er macht aus seinem Obst Liköre – da haben wir die auch mit ins Sortiment genommen. Ebenfalls die verschiedenen Säfte von Möckel Most in Lübseerhagen und meine eigenen Marmeladen.“

Über weitere Dinge wird nachgedacht, die noch hinzu genommen werden könnten. In der Galerie präsentieren sich abwechselnd Künstler aus der Region, wie zum Beispiel Marta Olejko aus Schwerin oder Ulf-Peter Schwarz aus Grevesmühlen.
„Zur Eröffnung hatte ich Arbeiten von Elga Voss, einer Künstlerin aus Hamburg, die aber ihr Atelier in Lassahn hat und eine Malgruppe im Arche-Hof Kneese betreut, worüber ich sie kennengelernt habe. Und bisher sind von allen Künstlern Bilder verkauft worden.“
Für die Zukunft sind auch Kulturveranstaltungen wie kleine Konzerte oder Lesungen denkbar. Dieses Gesamtkonzept ist so überzeugend, dass es durch LEADER-Mittel gefördert wird.

Für den Betrieb des Ladens hat Simone Jürß einen Mitarbeiter eingestellt. „Zum einen kommt er aus dem Verkauf, hat da viel Erfahrung, zum anderen kennt er viele Künstler, hat auch ein gutes Auge für Kunst und Kunsthandwerk.“
Nach zweijähriger Beobachtung des Kundenstroms hat sie jetzt die Öffnungszeiten des Ladens daran angepasst.
Das berufliche Engagement von Simone Jürß ist voll auf ihre Arbeit in der Kreisverwaltung gerichtet. Dort bekleidet sie die wichtige Funktion der Gleichstellungsbeauftragten des Landkreises. Hierbei handelt es sich um ein Amt auf Bestellung durch den Kreistag für jeweils fünf Jahre. „Ich bin in meiner Funktion für alle Einwohner des Landkreises zuständig – im Moment sind das etwa 156.000.“ In diesem Zusammenhang ist sie in sämtlichen Gremien dieser Verwaltungsebene einschließlich des Kreistages Gast mit Wächterfunktion und Vorschlagsrecht.
Aktuell befindet sich Simone Jürß hier seit 2012 in ihrer zweiten Amtszeit, diese läuft noch bis zum 31. Dezember 2022.

Text: Peter Täufel

 

Seit September ist die Wirtschaftsfördergesellschaft Nordwestmecklenburg mbH (WFG) unter einer neuen Adresse zu finden: Sie ist in das Alte Rathaus von Grevesmühlen eingezogen. Ab sofort ist also das Domizil des Büros im ersten Stock des Hauses in der August-Bebel-Straße 1 direkt am Marktplatz.
„Der neue Standort ist notwendig geworden, da die Gesellschaft stetig gewachsen ist. Derzeit beschäftigen wir acht Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter“, begründet Geschäftsführer Martin Kopp diesen Schritt. In Grevesmühlen sitzen die Teams aus den Bereichen Bestandspflege, Regionalentwicklung und Gewerbeflächenvermarktung sowie die Unternehmenssteuerung, in Wismar bleibt der Standort des Welcome Service Center (WSC) bestehen. Auf insgesamt 150 Quadratmetern Fläche verteilen sich sieben Räume: Die vier Büros bieten Platz für sieben Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Des Weiteren sind zwei Besprechungsräume sowie ein Aufenthaltsraum für Kunden und Mitarbeiter eingerichtet. „Außerdem haben wir modernste Hard- und Software angeschafft, um die WFG wettbewerbsfähig aufzustellen“, so Kopp.
Da das Gebäude mit dem Einzug der WFG jedoch noch nicht ausgelastet war, ist in das Dachgeschoss ein Start-up-Unternehmen eingezogen: Die Firma heißt „NovoCarbo“ und ist eine Neuansiedlung mit derzeit zehn Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern. Die WFG hatte die Ansiedlung des Unternehmens in den vergangenen Monaten begleitet. Im September wurden zwei Projektgesellschaften in Grevesmühlen angesiedelt. Bis zum Ende des Jahres soll auch die Hauptgesellschaft nach Grevesmühlen umziehen.

Peter Täufel

Unter dem Motto „Vielfalt gemeinsam erhalten“ des diesjährigen Wettbewerbs „Erfolgraum Altstadt“ suchte die Jury nach neuen Geschäftskonzepten, Neugründungen und Geschäftsentwicklungen, die unsere Innenstädte beleben und interessant machen.

Dabei sind zwei Gewinnerinnen mit ihren Unternehmen in Wismar ansässig:

Vanessa Kersting konnte mit ihrem innerstädtischen Regioladen MVLiebe die Jury in der Kategorie Geschäftskonzept überzeugen. Die Grundidee ist, in Zusammenarbeit mit regionalen Produzenten Lebensmitteltüten zusammenzustellen, an Kunden auszuliefern und so das Thema Nachhaltigkeit zu fördern.

Ebenfalls nach Wismar ging der Preis in der Kategorie Neugründung: Victoria Lommatzsch begrüßt ihre Gäste in der Kaffeebar fika hinter der Nikolaikirche und
Wer möchte, kann sich seinen Lieblingskaffee frisch geröstet nach Hause liefern lassen.

 

Wie bereits in den Vorjahren, so wird es auch in diesem Jahr in Nordwestmecklenburg einen Rückkehrertag geben. Es ist seit 2018 bereits die vierte Auflage dieser Veranstaltung, auf der die Wirtschaftsförderungsgesellschaft des Kreises mit ihrem Welcome Service Center und gemeinsam mit den hiesigen Unternehmen Fachkräfte für die heimische Wirtschaft sucht.
Anders als im Vorjahr, als diese Aktion aufgrund der Corona-Pandemie nur als Online-Variante durchgeführt werden konnte, soll es in diesem Jahr wieder eine Präsenz-Veranstaltung geben.
Als Termin ist, wie in den beiden Anfangsjahren, wieder der 27. Dezember vorgesehen. Ist damals in die Markthalle nach Wismar eingeladen worden, steht diesmal jedoch eine andere Örtlichkeit auf dem Plan: „Wir werden den vierten Rückkehrertag in der Reithalle am Bürgerpark in Wismar veranstalten“, so WFG-Geschäftsführer Martin Kopp.

Im Hinblick auf die zu erwartenden Zahlen an sich präsentierenden potentiellen Arbeitgebern und Besuchern der Veranstaltung in den Vorjahren sei hier ausreichend Platz, erklärt Kopp. „Vor zwei Jahren hatten wir 46 kreiseigene Unternehmen, die den mehr als 1.000 Besuchern über 400 offene Stellen anbieten konnten“, erinnert der WFG-Chef.
Ähnliche Zahlen werden von dem kreiseigenen Unternehmen bei entsprechender Pandemielage auch für diese Jahr erwartet, denn: „Das Thema Fachkräftegewinnung bleibt bei vielen Unternehmen trotz oder gerade wegen der Corona-Pandemie ein zentrales Thema.

Derzeit suchen besonders Firmen aus den Bereichen Pflege, medizinische Dienstleistungen aber auch in der Baubranche und im produzierenden Gewerbe neue Mitarbeiter – vom Facharbeiter bis zum Akademiker.“ Unternehmen, die Interesse an einem Stand am 27. Dezember 2021 haben, melden sich bitte bei Susann Malchow unter s.malchow@nordwestmecklenburg.de oder 03841 30409842.

Peter Täufel

Zahlreiche Branchen erleben schon seit längerem einen Aufschwung, während andere noch immer mit den Einschränkungen bedingt durch die Coronapandemie zu kämpfen haben.

Aus diesem Grund wird die Überbrückungshilfe III Plus über den 30. September hinaus bis zum 31. Dezember 2021 unter bestehenden Förderbedingungen verlängert.
Das heißt wie gehabt: Für die Überbrückungshilfe III Plus sind Unternehmen antragsberechtigt, deren Umsatz aufgrund der Coronapandemie um mindestens 30 Prozent zurückgegangen ist.

Ebenso wurde die Neustarthilfe Plus für von Umsatzeinbußen betroffene Soloselbstständige verlängert, sodass Berechtigte eine Unterstützung von bis zu 4.500 Euro erhalten können.

Die Antragstellung erfolgt nach wie vor über die bekannte Plattform uerbrueckungshilfe-unternehmen.de, die Bearbeitung und Auszahlung läuft über die Verantwortung der Länder.

Seit Mai 2021 gibt es in Klütz eine kleine Keramik-Manufaktur, betrieben von Pia Schröder. In der stellt sie schlichte Gebrauchskeramik in traditioneller Handarbeit her. Ihre Erzeugnisse verkauft sie direkt an Ort und Stelle in ihrem Werkstattladen. „Das ist allerdings nicht mein gelernter Beruf. Ich habe einen Universitätsabschluss in Betriebswirtschaftslehre und habe zuletzt in einer Managementposition eines internationalen Marktforschungsunternehmen in der Marketing- und Vertriebsberatung gearbeitet“, erzählt die jetzt 53-Jährige. Die Keramik sei daher eine Zugabe-Karriere für sie. „Ab Mitte 40 stand für mich fest, nochmals etwas ganz Neues starten zu wollen. Und so bin ich 2019 von Hamburg nach Nordwestmecklenburg gezogen, um den Weg in diese zweite Karriere zu ebnen.“

 

Pia Schröder ist froh, diesen Schritt gewagt zu haben, wenngleich der Start während der Corona-Pandemie alles andere als leicht war. „Ganz davon leben konnte und kann ich davon bisher nicht, ich arbeite zusätzlich noch für einen gemeinnützigen Verein in Hamburg – insofern von Vorteil, dass ich zum Beispiel während des Lockdowns keine staatlichen Hilfen in Anspruch nehmen musste.“ Dennoch empfand sie den im Vergleich zum Nachbarbundesland Schleswig-Holstein recht langen Lockdown hier als quälend. Auch jetzt gebe es nach wie vor Herausforderungen: Selbst in der Keramik-Branche kommt es zu Lieferengpässen. So sind laut Schröder spezielle Brennhilfen für Teller schon seit Monaten nicht lieferbar. Andererseits: „Doch wo Schatten ist, gibt es auch Licht. Das ist in Pandemie-Zeiten nicht anders. Nach Berechnungen des IW haben Konsumenten in Deutschland in der Corona-Zeit 2020/21 deutlich weniger für Einkäufe ausgegeben. Da hat sich Konsum quasi über viele Monate aufgestaut. Meine Kunden sind zu einem Großteil Urlauber und Tagesgäste. Da wird sowieso gerne Geld ausgegeben und nach dem langen Lockdown werden viele Einkäufe einfach nachgeholt.“ In Handarbeit hergestellte Qualitätsprodukte erfahren dabei eine besonders hohe Nachfrage und wertschätzende Aufmerksamkeit, da es immer Unikate mit individuellem Erscheinungsbild sind. „Die Pandemie hat diesen Trend aus meiner Sicht nochmals verstärkt. Im Bewusstsein der Konsumenten spielen Herkunft, nachhaltige Verarbeitung und Individualität heute eine viel größere Rolle als noch vor der Pandemie. Das kommt unserem Handwerk zugute.“ Neben der Gebrauchskeramik verkauft die Unternehmerin zusätzlich handgemachte, moderne Textilien und Druckerzeugnisse, die zum eigenen Angebot passen.

 

Als weiteres Angebot führt Pia Schröder darüber hinaus Kurse durch für alle, die einmal ausprobieren möchten, wie es ist, an einer Töpfer-Drehscheibe zu arbeiten. „Der Zuspruch ist überwältigend und übertrifft bei Weitem meine Erwartungen.“ Das hat zur Folge, dass die Drehscheiben-Kurse bereits weit im Voraus ausgebucht sind, die Nachfrage im Moment gar nicht bewältigt werden kann. Dabei gilt bei allem, sowohl im Laden, als auch bei den Kursen, absolute und strenge Maskenpflicht. „Die Kurse an der Drehscheibe finden aktuell auch nur in Kleingruppen statt. Und um noch mehr Sicherheit zu schaffen, habe ich während der Kurszeiten zusätzlich einen HEPA-Luftfilter im Einsatz“, so die Töpferin.

 

Da das kleine Unternehmen so sehr stark vom Tourismus abhängig ist, von Urlaubern genauso wie von Tagesgästen, wünscht sich Pia Schröder, dass sich der Klützer Winkel noch viel stärker als Regionalmarke etabliert und bekannter gemacht wird. „Es braucht eine gemeinsame Vermarktungsplattform unter einem Dach, damit Unternehmen, Privatpersonen und Öffentliche Einrichtungen der Tourismusbranche für sich werben können.“ Selbst aus Hamburg stammend weiß sie, dass zum Beispiel selbst 30 Jahre nach der Wende viele Hamburger den Klützer Winkel noch immer nicht kennen.

Peter Täufel