Holz ist ein Naturprodukt – da liegt es nahe, dass die, die sich damit beschäftigen, besonderes Augenmerk auf Umwelt, Natur und Nachhaltigkeit richten. Bei der Goertz Möbelmanufaktur in Wismar ist das so. Das heißt etwa, dass Holzabschnitte nicht einfach weggeworfen, sondern im Laden den Kunden zur Weiterverwendung angeboten werden oder generell Verpackungsmaterialien nicht einfach vernichtet, sondern erneut verwendet werden. Sind das nur kleine Bausteine, hat die Inhaberfamilie aber auch in Energieeffizienzmaßnahmen investiert und diesbezüglich noch einiges vor: Im Sommer 2022 wurde auf dem Gebäudedach eine 700 Quadratmeter große Photovoltaik-Anlage errichtet. Diese wird künftig die Möbelmanufaktur und die weiteren Mieter im Haus mit Solarstrom versorgen. Geplant sind ferner Ladesäulen für Mitarbeiter und Kunden, die ebenfalls von der PV-Anlage gespeist werden und außerdem ein Wärmetauscher für die Heizung.
Eigentlich aus der Not heraus gründete Torsten Goertz 2010 seine Möbelmanufaktur. Zuvor arbeitete er im Wismarer Krankenhaus, war dort verantwortlich für das Qualitäts- und Risikomanagement. „Das Krankenhaus wurde zu dem Zeitpunkt privatisiert und alle, die keinen festen Arbeitsvertrag hatten, entlassen – ich war einer davon, hatte nur einen befristeten.“ In dem Jahr ging es der Wirtschaft in Deutschland und der gesamten Welt infolge der Bankenkrise 2008 schlecht. Torsten Goertz hatte die Wahl: Entweder weit weg in Süddeutschland eine Stelle annehmen oder sich selbstständig zu machen. Ehefrau Kristina Goertz riet ihrem Mann zu letzterem und so in seinen alten Beruf zurückzukehren. „Wir hatten gerade unser Haus gebaut, da war Weggehen keine Option – außerdem fehlte mir bei der damaligen Tätigkeit doch das Schaffen eines fertigen Produktes.“
Torsten Goertz lernte von 1989 bis 1993 den Beruf des Bau- und Möbeltischlers beim Wismarer Handwerker Podlasly. Danach arbeitete er noch drei Jahre lang als Geselle in einer anderen Firma, um dann sein Fachabitur in Metalltechnik nachzuholen und anschließend in Wismar Betriebswirtschaft zu studieren – 2003 war er damit fertig. „Ich hatte mich damals zu diesem Schritt entschlossen, weil der Beruf des Tischlers zum Fenster- und Türeneinbauer verkommen war. Wer hat sich denn damals was anfertigen lassen, es sind doch alle in die Möbelhäuser gefahren.“ Als Diplom-Betriebswirt bekam er das Angebot, bei einer Krankenkasse in Lübeck zu arbeiten. Als dann 2008 die Möglichkeit bestand, wechselte er ans Krankenhaus Wismar.
Ursprünglich wollte der gelernte Tischler nachdem er sich 2010 selbstständig gemacht hatte nur Möbel entwerfen und sie über das Internet verkaufen. Dafür mietete er ein kleines Büro im Technologiezentrum am Hafen. „Doch das funktionierte alles nicht so gut, weil ich niemanden mit einer Tischlerei fand, mit dem ich eine stetige Partnerschaft hätte aufbauen können.“ Und da es aus dem Freundes- und Bekanntenkreis immer häufiger zu Anfragen kam, kaufte er sich die erste Säge und weiteres Handwerkzeug und begann, sie selbst zu bauen. In einem 90 Quadratmeter großen Schuppen auf seinem Hof im ländlich geprägten Zierow, den er zur Werkstatt umfunktionierte, hatte die Ein-Mann-Möbelmanufaktur einige Jahre ihre Produktionsstätte. Zwei Jahre später kündigte Ehefrau Kristina Goertz ihren Job und stieg in das Unternehmen ihres Mannes ein – betreute das Büro, kümmerte sich um das Administrative, schrieb Angebote und machte die 3-D-Zeichnungen, damit sich Ehemann Torsten vollständig auf das Bauen der Möbel konzentrieren konnte.
Kristina Goertz begann nach dem Abitur in Wismar 1996 für eineinhalb Jahre an der Universität Rostock Bauwesen zu studieren. „Doch das lag mir nicht so richtig und so habe ich gewechselt und in Wismar Archite
ktur studiert.“ Nach dem Ende des Studiums im Jahr 2000 ging Kristina Goertz nach Holland, dem Mekka für Architekten und Architektur – lernte dafür holländisch. Für zwei Jahre blieb sie dort. Nach Wismar zurückgekehrt arbeitete sie als Organisationsmanagerin für ein Unternehmen, welches Fertigungsstrecken in der Werftenproduktion entwickelte. „Doch da fehlte mir ein bisschen die Kreativität und mein Mann brauchte Unterstützung, deshalb stieg ich dann 2012 in seine Firma ein.“
Bald reichte der Platz für die Menge der beauftragten Möbelstücke nach Maß und die dazu benötigten Maschinen zur Sicherung einer gleichbleibend hohen Qualität bei den Routinearbeitsschritten nicht mehr aus. „Wir wollten aber keine Halle irgendwo in einem Gewerbegebiet. Also nahmen wir Kontakt mit dem Technologiezentrum auf und konnten ein Grundstück in zentraler Lage direkt am Stadthafen erwerben.“ Darauf entstand 2016 ihre Gläserne Möbelmanufaktur – Kristina Goertz entwickelte das Konzept sowie das komplette Gebäude. „Wir möchten damit den Leuten das Tischlerhandwerk wieder etwas näher bringen und ihnen live zeigen, was es für ein Aufwand ist, zum Beispiel einen Tisch zu bauen.“ Damit soll das Ansehen dieses Handwerks, das durch die billige Massenproduktion etwas in Verruf geraten ist, aufgewertet werden.
Heute arbeiten hier neben den Inhabern zwei Innenarchitektinnen, eine Produktdesignerin, eine Tischlerin, drei Tischler sowie eine Verkäuferin und ein Verkäufer. Hinzu kommen drei Lehrlinge. Die Gläserne Möbelmanufaktur hat sich zum Anziehungs- und Anlaufpunkt für Einzelpersonen, Familien, Touristengruppen, Schulklassen entwickelt. Es werden individuelle Kundengespräche, 3-D-Visualisierungen, Möbelbau und jeden Donnerstag, 11 Uhr öffentliche Werkstattführungen angeboten sowie über Instagram und Facebook fortlaufend Werkstatteinblicke gewährt – dazu im integrierten Ladengeschäft ein breites Angebot, das nicht nur aus Produkten der hauseigenen Möbelmanufaktur besteht, vorgehalten. Dieser Shop wird von Kristin
a Goertz betrieben, wiewohl sie auch für das Marketing und die Öffentlichkeitsarbeit verantwortlich ist. „Neben unseren eigenen Holzmöbeln und -accessoires haben wir auch viele andere schöne Dinge, wie zum Beispiel Holzspielzeug, Schmuck, Taschen oder Postkarten zu bieten – zu 85 Prozent made in Germany.“ Es wird darauf geachtet, dass alles aus nachhaltigen Rohstoffen und ohne schädliche Zusatzstoffe entstanden ist, wie die Möbel, für die ausschließlich zertifiziertes Holz verwendet wird. Die Goertz Möbelmanufaktur arbeitet eng mit der Hochschule Wismar und dem Fraunhofer Institut Rostock
zusammen. Seit 2018 wurde ihnen bisher dreimal in Folge die Ehre zuteil, gemeinsam mit anderen Unternehmen den Landkreis Nordwestmecklenburg sowie die Hansestadt Wismar auf der Grünen Woche in Berlin zu repräsentieren.
Neben ihrer beruflichen Tätigkeit engagieren sich die beiden im Wismarer Koggenverein. In diesem Zusammenhang haben sie auch ein Produkt entworfen. „Das ist die Koggenuhr – die ist aus Holz und es gibt sie in zwei Größen. Aus ihrem Verkauf gehen jeweils fünf Euro als Spende an den Verein.“ Zusätzlich unterstützen sie den FC Anker Wismar und sind Mitglied im Förderverein Fischkutter Marlen. Torsten Goertz ist ebenso Mitglied in der Wismarer Wirtschaftsgemeinschaft, im RT-Cup, welcher das Beachvolleyball-Turnier in der Hansestadt organisiert, im Rotary-Club sowie im Förderverein der Freiwilligen Feuerwehr Zierow. „Ich war viele Jahre lang aktives Mitglied in der Feuerwehr, doch mit der Selbstständigkeit musste ich das schweren Herzens aufgeben.“
Für die Zukunft machen Kristina und Torsten Goertz keine konkreten Pläne. „Wir leben jeden Tag ganz bewusst und eigentlich überlassen wir es dem Schicksal, die Richtung zu bestimmen. Wenn wir sehen, hier eröffnet sich noch ein Markt oder eine Chance, dann machen wir das oder entwickeln neue Produkte.“ So ist unlängst im TGZ eine Halle angemietet worden, in der neue Produkte und eine neue Marke entwickelt werden sollen, die dann über den im Aufbau befindlichen Online-Shop an die Frau oder den Mann gebracht werden. „Aber bei allem was wir tun gilt unser Motto nach Theodor Fontane: Wer Schaffen will, muss fröhlich sein!“
Peter Täufel
Goertz Möbelmanufaktur GmbH
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